Die Wunderwelt der Karrierewege von Neurowissenschaftlern

Die funktionelle Neuroanatomie ist ein unverzichtbares Rüstzeug für jeden gut ausgebildeten Neurowissenschaftler. Ein solides Wissen über die Vielfalt der anatomischen Bahnen ist unabdingbar, um die Funktionen des Gehirns zu erforschen und zu verstehen. Leider ist das Wissen über die Mechanismen und Pfade, die das eigene Berufsleben betreffen, unter Neurowissenschaftlern in der Regel ungleich schwächer ausgeprägt.

 

Im Fachcurriculum der einschlägigen Studiengänge sucht man ein Fach wie „Funktionelle Karriereanatomie“, in dem systematisch etwa die Mechanismen der Berufswahl, strategische Karriereplanung, und Tools für die berufliche Positionierung und Entwicklung vermittelt würden, vergeblich. In den typischen „soft skill“ Kurs-Portfolios der Universitäten finden sich zwar durchaus einzelne berufsbezogene Themen wie Scientific Presentations, Scientific Writing, Time Management, vielleicht sogar Konfliktmanagement oder Führung. Aber einen auch nur annähernd umfassenden Überblick über die spezifischen Berufsperspektiven für Neurowissenschaftler, und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb der Akademia, eine systematische Einführung in die jeweiligen Arbeitsfelder und Karriereleitern, die als Entscheidungsgrundlage für das Einschlagen des einen oder anderen Karriereweges diesen könnte, bekommen die jungen Wissenschaftler nicht an die Hand.

 

  • Welche Laufbahnen stehen Neurowissenschaftlern überhaupt offen?
  • Wie sehen die entsprechenden Berufsbilder praktisch aus?
  • Welche Kenntnisse und Fähigkeiten werden wirklich gebraucht?
  • Sollte ich parallel zu Studium und Doktorarbeit sonst noch etwas lernen?
  • Wie gehe ich es an, in eine bestimmte Laufbahn zu kommen?

So lauten typische Fragen, auf welche die meisten Nachwuchswissenschaftler keine Antworten haben.

 

Mit solch lückenhaftem Grundlagenwissen würde man als Antragsteller eines Förderantrags sicher nicht bestehen. Aber in Bezug auf die eigene Karriere gibt es leider nicht allzu viele Angebote, um diesen „Blinden Fleck“ für die Berufswelt anzugehen. Entsprechend hilflos sind viele Absolventen, wenn es darum geht, die eigene Karriere gezielt anzugehen und Schlüsselentscheidungen zu treffen.

 

Dabei ist die Vielfalt an Berufsmöglichkeiten für Neurowissenschaftler atemberaubend. In der beruflichen Praxis ergibt sich ein schillerndes Bild, mit dem allenfalls die Diversität aller Nervenzelltypen im Tierreich vergleichbar ist. Leider bleibt dieses Bild den Universitäts-Absolventen in der Regel verborgen wie die Artenvielfalt der Tiefsee. Wie kann man diesen Schatz heben?

 

Der erfahrene Neurowissenschaftler weiss: Vernetzung ist das A und O, um Informationen zu übertragen. In diesem Sinne gälte es also, die Absolventen in Kontakt mit Personen aus den verschiedenen Berufsfeldern zu bringen. Ein bereits vielerorts praktizierter Ansatz hierzu ist es, an Karriere-Tagen ehemalige Absolventen einzuladen, die aus ihrem jetzigen Tätigkeitsfeld berichten und persönlich für Fragen zur Verfügung stehen. Wunderbar! Aber wie viele verschiedene Gäste und Berufsbilder kann man auf einem solchen Event vorstellen?

 

Ein anderer Ansatz – ein wenig inspiriert von den open access und open source Bewegungen  - ist die Vision, eine Art offenes „Career Repository“ für Neurowissenschaftler ins Leben zu rufen. Auf diese einfache Art könnte das verborgene Karrierewissen der kompletten Community für die Community zur Verfügung gestellt und damit endlich dem Dunkel der Karriere-Tiefsee entrissen werden.

 

Diese Vision verfolgt das Web Portal „extrapyramidal-pathways.de“.

Es bietet eine Plattform, auf der Berufsprofile von Neurowissenschaftlern nach Arbeitgeber-Typen kategorisiert vorgestellt werden. In diesem Aspekt ähnelt sie übrigens dem unabhängig entwickelten Ansatz des „Biologenkompass“ für den Bereich der Biologie.


Zusätzlich nutzt extrapyramidal-pathways jedoch auch interaktive Möglichkeiten. So ist die Plattform komplett offen. Jeder Nutzer kann sein eigenes Berufsprofil hochladen und damit seine Erfahrungen der Community zur Verfügung stellen. Umgekehrt können Besucher die Profilautoren über eine integrierte Kommentar-Funktion kontaktieren und Fragen stellen.

Ein umfassendes Tool für die optimale, offene und transparente Dissemination von Karrierewissen also – und zwar spezifisch von Neurowissenschaftlern für Neurowissenschaftler.

 

Die ersten Berufsprofile sind bereits erstellt. Wie nützlich dieses Tool allerdings tatsächlich sein wird, hängt von dem weiteren Input und der Nutzung durch die Community ab: Je mehr Profile dort eingestellt werden, und je intensiver die Diskussion verläuft, desto wertvoller wird diese Ressource für alle sein. Die gesamte internationale Neuroscience Community ist herzlich eingeladen, dieses Tool zu nutzen und gemeinsam weiterzuentwickeln.

 

Auf dass die kommenden Generationen von Neurowissenschaftlern endlich auf ihre Fragen eine Antwort finden und ihre Karriere genau so professionell betreiben können wie ihre wissenschaftliche Arbeit!